Kommentare zu Gedenktagen 2021 sowie Vorabdruck zu „125 Jahre Badnerlied“

19. April 2021

Hier findet sich die ausführliche Version, eine tabellarische Übersicht, zusammen mit einem Vorabdruck zu „125 Jahre Badnerlied“ für das nächste Heft der „Badischen Heimat“ gibt es hier als PDF.

15.5.1521
Sebastian Brant

1475 Studium der Rechte in Basel, 1489 Doktor beider Rechte, 1492 Dekan der juristischen Fakultät, 1500 Übersiedlung nach Straßburg, dort Stadtsyndikus (Leiter der städtischen Verwaltung), 1503 Stadtschreiber. Vom Kaiser Maximulian erhielt er den Titel eines Kaiserlichen Rates und comes palatinus.

Hauptwerk Brants ist „Das Narrenschiff“ (1494 in Basel), eine epochenmachende Zeit- und Ständesatire. Es ist „das bedeutendste einer langen Folge von sittenpredigenden Werke, in denen die Schwächen und Laster der Menschheit als Torheit gegeißelt werden“ (K. Busse). Unter Narrheiten werden menschliche Schwächen und Fehler verstanden. Brants besonderer Einfall ist die Idee, alle Narren auf einem Schiff zu versammeln. Auf einem Schiff, das nach Narragonien steuert, sammelt sich bunt durcheinander die personifizierten Narrheiten aller Stände. Man hat festgestellt, dass in Brants Werk „das Laster zur Torheit wird“ und der „intellektuelle Spott die christliche Gewissenserschütterung“ ablöst (F. Martini).

Das Narrenschiff wird der erste europäische Bestseller eines deutschsprachigen Autors und zum größten Bucherfolg vor Johann Wolfgang von Goethe „Die Leiden des jungen Werther“ (1774) (A.- M. Trinca). Zwischen 1494 und 1513 erschienen sechsunddreißig verschiedene Ausgaben. Zeitlich ihm nächststehende Nachahmer waren Geiler von Kaisersberg, Thomas Murner (Narrenbeschwörung, 1512) Hans Sachs und Johannes Fischart, Erasmus’ „Moriae Encomium“ (1511) wurde unmittelbar von Brant angeregt. Geiler vom Kaisersberg predigte 1498 in Straßburg über das Narrenschiff.


22.7.1971
Verschiebung der historischen Verwaltungsgrenzen

„Das Gebiet der neuen Landkreise und die künftigen Regierungsbezirke überschreiten die historischen Grenzen der früheren Länder des heutigen Baden-Württemberg“. „Diese historischen Grenzen verlieren damit an Bedeutung als überkommene Abgrenzungen verschiedener Rechts- und Verwaltungsbereiche.“ Das Kreisreformgesetz tilgte bisher nach den ehemaligen Ländern Südwürttemberg-Hohenzollern, Nordwürttemberg und Südbaden bzw. des Landesteils Nordbaden benannte Regierungsbezirke und ersetzte diese durch Städtenamen, in denen die Regierungspräsiden ihren Sitz hatten. Nach § 25 sollten die Regierungspräsidien bis zum 1.1.1977 abgeschafft werden. 1973 wurden sie beibehalten. „Mit der Verschiebung der historischen Verwaltungsgrenzen hat das Badische vom Mal zu Mal wichtige Stützpunkte verloren“ (P.-L Weinacht). Es wurde z.B. der einstige badische Landkreis Tauberbischofsheim um das württenbergische Mergentheim erweitert und dem neuen Kreis, dem Regierungspräsidium Stuttgart zugeordnet. Der württembergische Kreis Rottweil und Tuttlingen wurde dem Regierungspräsidium Freiburg zugeordnet. Die Landkreise Freudenstadt und Calw wurden dem Regierungspräsidium Karlsruhe zugeordnet.
Für den Landesverein bedeutet das „Vorbei die Übereinstimmung zwischen Grenzen der Regierungsbezirke Süd- und Nordbaden mit dem Vereingebiet“ (P.- L.Weinacht).

7.8.1771
250. Todestag Schöpflins
Schöpflin und die Entdeckung der Zähringergeschichte

Trotz des Auftrages, den er von Karl Friedrich übernommen hatte, löste sich Schöpflin von der herkömmlichen Hofhistoriographie und wurde zu einem „leidenschaftlichen Erforscher der Quellen“. Schöpflin wurde in Sulzburg (Markgräflerland) geboren. 1720 wurde er Professor für Geschichte und Rhetorik in Straßburg. Schöpflin ist einer der bedeutendsten Geschichtsforscher seiner Zeit. Ihm ist die „Wiederentdeckung der Herzöge von Zähringen zu verdanken“. Der erste Band der Historia Zaringo-Badensis erschien bei Maklot 1763 in sieben Bänden und in lateinischer Sprache.

Die Forschungen Schöpflins stellten die Herkunft des Hauses Baden auf eine neue, wissenschaftlich begründete Basis“. „Die Entdeckung der Zähringer als einer seiner Vorfahren wurde für Karl Friedrich zum Politikum“ und ließ sich „für alle zukünftigen staatsrechtlichen Deduktionen einsetzen“ (Schwarzmaier). Es ging um recht konkrete Machtansprüche im Breisgau, der bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zu den habsburgischen Vorlande gehörte und wie eine breite Barriere zwischen den „oberen“ und „unteren“ Lande des Markgrafen lag. Da die Zähringer ausgestorben waren, konnten sich die Markgrafen von Baden als Erben ansehen, als „Herzöge von Zähringen“.

Goethe hat in „Dichtung und Wahrheit“ ein lebendiges Bild von Schöpflin entworfen. „Meine Promotion war am 6. August 1771 geschehen; den Tag darauf starb Schöpflin im fünfundsiebzigsten Jahre. Auch ohne nähere Berührung hatte derselbe auf mich eingewirkt…
Die freigebigste Natur hatte Schöpflin ein vorteilhaftes Äußere verliehn, schlanke Gestalt, freundliche Augen, redseligen Mund, eine durchaus angenehme Gegenwart… Er gehörte zu den glücklichen Menschen, welche Vergangenheit und Gegenwart zu vereinigen geneigt sind, die dem Lebensinteresse das historische Wissen anzuknüpfen, verstehn. Im Badschen geboren, in Basel und Straßburg erzogen, gehörte er den paradiesischen Rheintal ganz eigentlich zu, als einem ausgebreiteten wohlgelegenen Vaterlande“..

16. 8.1821
Aufhebung des Bistums Konstanz und die Errichtung einer „Oberrheinischen Kirchenprovinz“

Durch die päpstliche Bulle „Provida solersque“ wurde das Bistum Freiburg gegründet. Die Bulle verfügt die „Supression“ des Bistums Konstanz „Den Titel, den Namen, die Natur, das Wesen und den ganzen gegenwärtigen Bestand der erledigten bischöflichen Kirche zu Konstanz, samt ihren Kapitel [...] unterdrücken, vernichten und vertilgen wir“ heißt es in der Bulle. Die Wahl des Ortes Freiburg „lässt Vorbehalte der päpstlichen Verhandlungsdelegation gegenüber dem Großherzog spüren. Denn auch die katholischen Städte Rastatt, Ettlingen, Bruchsal waren als Bischofssitz im Gespräch gewesen; ein Grund für deren Ablehnung scheint die Nähe zur Residenz gewesen zu sein. Der Bischof sollte auch räumlich aus der unmittelbaren Umgebung der Regierung entfernt sein“ (Clemens Rehm). Rom scheint vor allem daran gelegen zu haben, dass die „Deutsche Kirche“ noch einmal eine durch Verfassung und Recht garantierte Eigenstellung mit einem gewissen Grad an Selbständigkeit erlangte. Die Erinnerung aber an Geist und Idee der alten Reichskirche sollte durch diese Demonstration der päpstlichen Machtvollkommenheit für immer ausgelöscht und vergessen sein“. Dass die Verwirklichung des neuen Bistums noch weitere sechs Jahre auf sich warten ließ, hing mit dem Bistumsverweser Wessenberg (1774–1860) als Kapitularvikar zusammen, der gestützt auf die badische Regierung in seinem kirchlichen Amt verharren konnte. Wessenberg war nach dem Tode Karl Theodor von Dalberg, Bischof von Konstanz (1744–1817) 1817 vom Konstanzer Domkapitel zum Bistumsverweser gewählt worden. Die ergänzende Bulle „Ad Dominici gregis custodiam“ von Papst Leo XII. vom 11. April 1827 regelt die Frage der Bischofswahl. Mit der Auflösung des alten Bistums Konstanz wurde Rom „auf elegante Weise“ den dort amtierenden Bistumsverweser Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg los, „der eigentlich erster Bischofskandidat des Großherzogs für das badische Landesbistum gewesen war“ (C. Rehm).


21.10.1771
Wiedervereinigung Badens

Christoph I. (1475-1527) hatte noch einmal die gesamten badischen Lande in seiner Hand vereinigt, so verhinderte die von ihm vorgesehene Teilung der Markgrafschaft ihren Aufstieg zu einer bedeutenden Herrschaft im Reich. Nur der frühe Tod seines Sohnes, des Markgrafen Philipp (1515–1533), verhinderte eine Dreiteilung der badischen Lande. Philipp starb 1533 ohne männlichen Erben.

Die Teilung der badischen Gebiete von 1535 „bildet das wohl einschneidenste Ereignis in der badischen Geschichte und prägte diese für die nächsten 250 Jahre bis zur Wiedervereinigung beider Herrschaften 1771“ (Schwarzmaier). In Zukunft gab es zwei badische Markgrafschaften, beide zu klein, um eine bedeutende Rolle in der Geschichte Südwestdeutschlands zu spielen. Bernhard (1515–1536) entschied sich für Baden-Baden, Ernst (1515–1552) für Baden (Pforzheim) – Durlach.
K. Krimm spricht im Zusammenhang mit der Teilung von einer „dynastischen Katastrophe“, die sich gerade in der Zeit, als die Konfessionsgruppen im Reich ohnehin alle bestehenden Ordnungen umzustürzen drohten“. „Das Unglück lag nicht allein in der Teilung, sondern in der Absolutheit, mit der die beiden Herrschaften in der Zukunft versuchten, sich voneinander abzugrenzen“ (Schwarzmaier). „Die Jahre zwischen 1771 und 1802 gaben einen Vorgeschmack auf das, was sich im 19. Jahrhundert in viel größerem Maßstab wiederholte, die Spannung
zwischen dem lutherischen Landesherrn und den katholischen Untertanen schufen eine Stimmung stets virulenten Kulturkampfes (K.- J. Matz).
„Ohne die Hilfe Preußens wäre es Karl-Friedrich wohl kaum gelungen, seinen Anspruch aus der Erbfolge des Hauses Baden und daraus folgend den Besitz von Baden-Baden zu behaupten.“
Am 28.1.1765 wurde ein Erbvertrag geschlossen, der die Modalitäten der Wiederereinigung regelte. Nach dem Tode des Markgrafen August Georg von Baden-Baden (1706–1771) und dem Aussterben der bernhardinischen Linie, ergriff Markgraf Karl Friedrich am 21.10.1771 Besitz von der Markgrafschaft Baden-Baden.
„Das Jahr 1771 schuf die Voraussetzung für das Kommende: das Jahr 1789 kennzeichnet den Beginn der dritten Phase im Lebensabschnitt“ Karl Friedrichs und seines Staates“ (Schwarzmaier).

28.10.2021
Kirchenunion

Durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 waren dem lutherischen Baden unter anderem die rechtsrheinischen Teile der Kurpfalz, Gebiete mit reformiertem Bekenntnis zugefallen. Schon Brauer arbeitete 1803 zielstrebig auf eine Vereinigung der reformierten und lutherischen Kirche hin. Die Reform von oben“ war aber bei den Geistlichen nicht beliebt und endet mit seinem Tod 1813. zum Jubiläum des Reformationsfestes 1817 verlangten mehrere badische Gemeinden eine Vereinigung der evangelischen-lutherischen (230.000 Personen) mit den reformierten (62.000 Personen) Christen, nun in der Form einer „Reform von unten“.

Der Großherzog von Baden Ludwig I. berief daraufhin eine Generalsynode ein. Sie bestand aus je 22 Pfarren des lutherischen und 22 Pfarren des reformierten Glaubens. Hebel als oberster Prälat wurde vom Großherzog als Vorsitzender der Generalsynode ernannt. Konsens war über zwei Lehrfragen zu erzielen: Abendmahl und Prädestination. Was das Abendmahl betrifft einigte man sich auf ein Gedächtnis-, Bekenntnis und Liebesmahl. Bei der Prädestination beschränkte sich die Synode auf das Bekenntnis der Gnadenwahl, die Gott an dem Menschen vollzieht (W. Hug). Hebel vertrat zusammen mit Nikolaus Sander (1750–1824), die lutherische Kirche. Wurde Sander zur „treibende Kraft“ (H. Helwig) ,so ist die Vereinigung „nicht ohne Hebels Ansehen und bestimmendem Einfluss, ohne seine Fähigkeit, an- und auszugleichen ,Webfäden zu spannen, Brücken zu bauen., kaum denkbar (W. Zentner). Hebel war zwar kein „Architekt“ dieser Union, aber, nach allem, was wir aus den Quellen wissen, der „Bauleiter“. Unter ihm als Ranghöchstem der Geistlichen wurde die Kirchenunion geräuschlos unter geradezu demokratischen durch Abstimmung nach gründlicher argumentativer Vorbereitung einstimmig vollzogen (R. Siegert). Nach F. Littman versuchte die Synode „kirchliche Mitbestimmung oder Selbstverwaltung“ gegen Staatsminister C. C. Berckheim und den Großherzog zu institutionalisieren. Um die Union nicht zu gefährden, gab die Synode schließlich nach. „Die staatskirchliche Linie siegte“ (F. Littmann).
Die Universität Heidelberg verlieh am 2.8.1821 Hebel den Dr. theol. ehrenhalber in Anerkennung seine Verdienste für das Einigungswerk. Hebel schreibt Hauffe am 12. August 1821 von der Doktorwürde.

(Text: Heinrich Hauß)