Gedenktage badischer Geschichte im Jahre 2023

22. Dezember 2022

mit kurzer Kommentierung von Heinrich Hauß (Badische Heimat)

Vor 50 Jahren:

1. Januar 1973: „Kreisreform“ tritt in Kraft
Die Grenzen des ehemaligen Landes Baden verschwinden endgültig von der Landkarte. „Eliminierung geschichtlicher Tatbestände“ (M. Schwarzmaier).

Reduzierung der Landkreise auf 35, zuvor 63.
Umbenennung der beiden Regierungsbezirke nach den Hauptorten Freiburg und Karlsruhe. „Die Tilgung des Landschaftsbegriffs aus der Bezeichnung wurde von vielen Badenern bitter vermerkt“ (G. Hepp). Neueinteilung der 4 Regierungsbezirke.

Vor 90 Jahren

16. Mai 1933 „Schaufahrt“ Sieben angesehene SPD Mitglieder u. a. mit Adam Remmele, ehemaliger badischer Staatspräsident, und Ludwig Marum, Reichstagsabgeordneter, im offenen LKW zum Gespött der Bevölkerung durch Karlsruhe nach Kislau transportiert.

Vor 100 Jahren:

23. April 1923 „Luise von Baden“ (geb. 03.12.1838) in Baden-Baden gestorben. Tochter des Prinzen Wilhelm von Preußen.
20.05.1856 Heirat mit Großherzog Friedrich I. Gründete 1859 den ersten deutschen Frauenverein in der Tradition der patriotischen Frauenvereine des 19.Jahrhunderts. Anlass war der Italienische Krieg. Vereinszweck: „Unterstützung der in Folge der Kriegsbedrohung oder eines Krieges in „Noth Gerathenen“.

Vor 175 Jahren:

22. Januar 1848: „Drei - Fabriken – Frage“.
Spinnerei-Weberei Ettlingen, Keßlersche Maschinenfabrik und Zuckerfabrikation.
Die Zweite Kammer diskutierte im Januar 1848 erstmals die Frage staatlicher Subventionen. Grundsatz staatlicher Nichteinmischung in privatwirtschaftliche Vorgänge bleibt erhalten, aber Ausnahme, wenn öffentlicher Nutzen (Volksarbeit) es erfordert.
Der Kompromissvorschlag brachte - am Vorabend Märzrevolution - „exemplarisch einen zukunfts- weisende Verknüpfung vom Wirtschafts- und Sozialpolitik hervor“ (Brüning/Exner).

19. März 1848: Offenburger Volksversammlung. „Tag von Offenburg“
Erste gesamtbadische Massenveranstaltung. (10.000 bis 25.000 Personen) auf dem Platz vor dem Rathaus. „Imponierende Manifestation der Volkstümlichkeit der demokratischen Sache“ (v. Hippel). „Fort mit den Fürsten und ihrem Anhang. Wir wollen uns selbst regieren“.
Forderungen: Abschaffung des stehenden Heeres, des Berufsbeamtentums, der Klöster, Trennung von Kirche und Staat. Die Frage der Republik wird ausgeklammert. Aufforderung zur Gründung „vaterländischer Vereine“ zur Garantie „eines dauerhaften Zustandes der Freiheit“.
Die Veranstaltung endet in „mustergültigen Ruhe und Ordnung“(F. X. Vollmer). Die Nachricht von der Revolution in Wien (13. - 15. 3) traf zu spät ein, um an dem friedlichen Ergebnis noch etwas zu ändern. F. X. Vollmer beurteilte die Situation anders: Die Republikaner hätten „eine einmalige geschichtliche Chance verpasst“.

31.März 1848 „Vorparlament in der Frankfurter Paulskirche“.
72 badische Abgeordnete bringen Struves Grundsatzantrag ein. Mit 356 gegen 142 Stimmen abgelehnt. Ebenso der Antrag, die Versammlung solle auf Dauer zusammenbleiben. Ein Ausschuss von 50 Mitgliedern wurde gewählt. Hecker zog die Konsequenz: „Hier in Frankfurt ist nichts zu machen, es gilt, in Baden loszuschlagen“.

12. – 27. April 1848 „Heckerzug“ Republikanische Schilderhebung von Konstanz aus.
Erwartung , dass der Zug ein wahrer Festzug werde und ganz Deutschland sich dem Beispiel Badens anschließe. Glaube „in Baden ein breite und einsatzbereite Anhängerschaft für die Republik mobilisieren zu können“ (Hippel).

24. April 1848 „Einnahme Freiburgs durch reguläre Truppen“

Vor 200 Jahren:

21. Februar 1823: „Julius Jolly“ in Mannheim geboren, ab 1866 bad. Innenminister, ab 1868 auch Ministerpräsident. „Jollys Ziel war eine starke Exekutive, getragen von einer loyalen Parlaments- mehrheit“ (Hug). „Statt der Durchsetzung eines faktischen Parlamentarismus, blieb „das Land dem Konstitutionalismus verhaftet“(Fenske). Er brachte folgende Gesetze im Landtag durch: „Kulturexamensgesetz“ (Staatliche Prüfung für Pfarrer); Einführung der fakultativen Simultanschule; Zivilehe (weltliche Standesbeamte statt Ortspfarrer); Stiftungsgesetz (Entzug von Stiftungsvermögen, das nicht kirchlichen Zwecken diente). Nach der Einführung der obligatorischen Simultanschule 1876 wurde Jolly durch den Großherzog entlassen. Damit war der Weg zum Abbau des Kulturkampfes frei.

Vor 250 Jahren

13. Mai 1723. „Hermann von Vicari“ (13.05.1723 – 14.04.1868), Erzbischof von Freiburg 1842 – 1868 mit längster Lebens- (95 Jahre) und längster Amtszeit (25 Jahre). Bedeutendster Kirchen- politiker. Die Forderungen der Konferenz der deutschen Bischöfe in Würzburg machte er zur Richtschnur seiner Politik: Volle Unabhängigkeit und Souveränität der Kirche in Bezug auf Klerus und Schule, Vermögen und Rechtsprechung.

Zum Konflikt mit dem Oberkirchenrat kam es, als dieser die Abhaltung eines Seelenamtes für den verstorben Großherzog verlangte und Vicari nur einen einfachen Trauergottesdienst anordnete. Vicari erklärte die staatliche Kirchenhoheit außer Kraft und handelte entsprechend. Die Regierung stellte ihn „wegen Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ordnung“ am 22.05.1854 schließlich in seinem Palast unter Hausarrest.

Vor 300 Jahren:

11. Juli 1723 „Markgräfin Karoline Luise von Hessen“ - Darmstadt geboren. Vielwisserin und Vielfragerin“ (Lavater). Sie darf „einen Platz im Kreis der bedeutendsten Frauengestalten des 18.Jahrhunderts beanspruchen“ (J. Lauts). „Sie verstand es, die verschieden Rollenzuschreibungen - Fürstin, Landesmutter, Mutter – mit ihren eigenen Vorstellungen von einem erfüllten Leben zu verbinden“ (Zimmermann).

1759 beginnt sie mit dem Aufbau des „Mahlerey - Cabinett“, für sie „eine Art private Akademie“. Auftakt und gleichzeitiger Höhepunkt der Kultur am Hof war der Besuch Voltaires vom 04. bis 07. April 1758.